Zu viele Retikulozyten: Blutwert Reti zu hoch (Retikulozytose)

Eine erhöhte Anzahl an Retikulozyten wird als Retikulozytose bezeichnet. Sie zeigt, dass die Blutproduktion in vollem Gange ist. Im Knochenmark werden viele neue rote Blutkörperchen (Erythrozyten) gebildet (Erythropoese). Retikulozyten sind die jugendlichen, noch nicht voll ausgereiften Erythrozyten. Ein Teil wird immer ins Blut ausgeschwemmt, so dass bei gesteigerter Blutproduktion auch entsprechend viele Retikulozyten nachweisbar sind. Das kann natürliche Gründe haben, z.B. die Regeneration nach starken Blutverlust oder nach einer erfolgreich behandelten Anämie. Der Normalwert liegt bei Männern und Frauen zwischen 3 und 18 pro 1000 Erythrozyten.
Retikulozyten Normalwerte | ||
Abk. | Beschreibung | Normalwerte |
Reti | Retikulozyten: Anteil pro 1000 Erythrozyten | Männer & Frauen: 3 bis 18 pro 1.000 Erys |
Bitte beachten Sie, dass die Normalwerte in Ihrem Laborbefund abweichend sein können. Entscheidend ist immer der Referenzwert des Labors.
Wenn die Anzahl der Retikulozyten über 18 Promille - also mehr als 18 Retikulozyten pro 1000 Erys - liegt, spricht man von Retikulozytose.
Ursache einer Retikulozytose
Retikulozytose ist das Zeichen einer gesteigerten Neusynthese von Erythrozyten. Bei der Produktion im Knochenmark wird auch immer - quasi aus Versehen - ein gewisser Anteil der Erythrozyten-Vorstufe (Retikulozyten) mit ins Blut abgegeben. Bei einer Retikulozytose befinden sich besonders viele Retikulozyten im Blut. Wenn zu viele Erythrozyten produziert werden, spricht man von einer Polyglobulie. Die folgende Grafik zeigt die verschiedenen Stadien der roten Blutkörperchen bei der Erythrozytenproduktion (Erythropoese):

Die Ursache kann natürlich und unproblematisch sein (z.B. Regeneration nach starkem Blutverlust). Problematisch wird es erst, wenn die Überproduktion unkontrolliert abläuft oder aufgrund leistungssteigernder Substanzen (Doping) oder anderen Medikamenten hervorgerufen wird.

Bei einem Urlaub im Hochgebirge tritt folgender Effekt auf: der Sauerstoffgehalt in der Luft wird geringer. Der Körper bemerkt den Sauerstoffmangel und reagiert (sinnvollerweise) mit einer verstärkten Erythrozyten-Produktion. Also wird in den ersten Tagen der Anteil der Retikulozyten deutlich ansteigen.
Im Zuge einer Therapie gegen eine Anämie (Blutarmut) wird die Blutproduktion durch Eisen-, Folsäure- oder Vitamin-B12-Präparate angeregt. Die angekurbelte Produktion hat zur Folge, dass in den ersten Tagen der Anteil an Retikulozyten stark ansteigt. Da die Retikulozyten nur ca. 2-3 Tage brauchen, um zu Erythrozyten auszureifen - und die Erys gleichzeitig eine Lebensdauer von rund 120 Tagen haben, ist der Retikulozyten-Wert in dieser ersten Phase stark überhöht. Im Laufe der Zeit normalisiert er sich dann.
Der Retikulozyten-Wert alleine besagt daher noch nicht viel - erst im Zusammenspiel mit den anderen Blutwerten kann ein Arzt die Ursachen eingrenzen.
Zur Differentialdiagnose von Anämien können zusätzlich folgende Retikulozyten-abhängige Parameter bestimmt werden:
- Retikulozytenzahl
- Retikulozytenhämoglobin (Ret-Hb)
- Retikulozyten-Index
- Retikulozytenproduktionsindex
- Retikulozytenreifeindex (IRF-Wert)
Weiterlesen / Ressourcen
- Charite.de: Retikulozyten
- Universitätsmedizin Leipzig: Den Ursachen der Blutarmut auf der Spur
- Pschyrembel.de: Retikulozyten-Zählung