Knochenmark: Ort der Blutbildung und Blutzellen-Reservoir

Das Knochenmark (lat. Medulla ossium) ist eine breiartige Masse aus Binde- und Stammzellgewebe. Es füllt die Hohlräume fast aller größerer Knochen. Im Knochenmark findet die Bildung der Blutzellen statt - pro Tag gelangen etwa 2 Milliarden neue Blutzellen ins Blut.
Bei einem erwachsenen Menschen beträgt die Masse des Knochenmarks etwa 2,6 kg. Zudem werden ca. 10 Prozent des Blutes im Knochenmark gelagert, ein Teil als Produktionsmasse, aber auch als Reserve. Wenn es also zu einem schnellen Blutverlust kommt, können diese Reserven angezapft werden.
Aufgaben und Funktionen des Knochenmarks
Das Knochenmark ist von entscheidender Bedeutung für die Gesundheit und das Überleben des menschlichen Körpers, da es mehrere lebenswichtige Funktionen erfüllt:
- Blutbildung: Eine der wichtigsten Funktionen des Knochenmarks besteht darin, neue Blutzellen zu produzieren. Es ist der primäre Ort der Hämatopoese, dem Prozess der Bildung von roten Blutkörperchen (Erythrozyten), weißen Blutkörperchen (Leukozyten) und Blutplättchen (Thrombozyten). Diese Blutzellen sind für den Transport von Sauerstoff, die Abwehr von Infektionen und die Blutgerinnung verantwortlich.
- Immunabwehr: Das Knochenmark spielt eine entscheidende Rolle bei der Bildung und Reifung von Immunzellen. Weiße Blutkörperchen (Leukozyten) werden im Knochenmark gebildet und sind ein wichtiger Bestandteil des Immunsystems. Sie erkennen und eliminieren schädliche Mikroorganismen, Viren, Bakterien und andere Fremdstoffe, die in den Körper eindringen.
- Lagerung von Blutzellen: Das Knochenmark dient auch als Reservoir für reife Blutzellen. Es kann bei Bedarf Blutzellen in den Blutkreislauf freisetzen, um den Körper mit ausreichend Blutzellen zu versorgen.
- Regeneration von Blutzellen: Das Knochenmark ermöglicht die kontinuierliche Erneuerung und Regeneration von Blutzellen. Da rote Blutkörperchen und Blutplättchen eine begrenzte Lebensdauer haben, müssen sie ständig ersetzt werden, um die normale Funktion des Körpers aufrechtzuerhalten.
- Fettstoffwechsel: Neben der Blutbildung dient das Knochenmark auch als Ort des Fettstoffwechsels und der Energiespeicherung.
Wo befindet sich das Knochenmark?
Das Knochenmark befindet sich hauptsächlich im Inneren der großen Knochen, wie des Beckenknochens, des Brustbeins und der langen Röhrenknochen. Es ist ein äußerst aktives und dynamisches Gewebe, das sich ständig an den Bedarf des Körpers anpasst. Probleme oder Störungen im Knochenmark können schwerwiegende Auswirkungen auf die Blutbildung, das Immunsystem und die allgemeine Gesundheit haben. Daher ist das Knochenmark von grundlegender Bedeutung für die Aufrechterhaltung eines gesunden Körpers und das reibungslose Funktionieren des Organismus.
Bei Neugeborenen enthalten noch fast alle Knochen Knochenmark, bei Erwachsenen nur noch die großen Knochen des Körperrumpfes:
- Brustbein
- Rippen
- Schlüsselbeinen
- Becken
- Oberarmknochen
- Oberschenkelknochen
- Schädelknochen
- Wirbelknochen
Das Rückenmark (lat. Medulla spinalis) in der Wirbelsäule ist kein Knochenmark, sondern Nervengewebe und damit Bestandteil des zentralen Nervensystems.
3 Arten des Knochenmarks
Aufgrund ihrer Färbung und Funktion unterscheidet man drei Arten von Knochenmark. Im Laufe des Alters verändert sich das Verhältnis des Auftretens:
- Rotes Knochenmark (lat. Medulla ossium rubra): bei Kleinkindern in fast allen Knochen vorhanden. Ist für die Blutbildung zuständig.
- Gelbes Knochenmark (lat. Medulla ossium flava): hier hat sich im Laufe der Zeit Fett abgelagert. Das Knochenmark verliert dadurch seine blutbildende Fähigkeit. Je älter man wird, um so mehr wird das rote durch das gelbe Knochenmark zurückgedrängt. Wenn die Blutproduktion jedoch ansteigen muss (z.B. aufgrund einer Verletzung), kann sich das rote Knochenmark ausdehnen und das gelbe zurückdrängen.
- Weißes Knochenmark: im Laufe der Zeit füllt sich das gelbe Knochenmark mit Wasser, indem die Fettanteile verdrängt werden. Das so entstandene weiße Knochenmark hat keine Funktion mehr. Es kann sich nicht in rotes Knochenmark zurückbilden. Man kann es auch "totes Knochenmark" nennen.
Hämatopoese: Bildung der Blutzellen im Knochenmark
Die Blutbildung bzw. Blutproduktion wird auch als Hämatopoese bezeichnet. Hierbei spielen die sog. Stammzellen eine entscheidende Rolle. Genau genommen sind es die hämatopoetischen Stammzellen. Das ist so eine Art "Urzelle" (auch Hämozytoblast), die sich permanent teilt. Aus den Kopien können sich dann die unterschiedlichsten Zellarten entwickeln (Erythrozyten, Leukozyten, Thrombozyten).
Eine Stammzelle besitzt verschiedene Möglichkeiten sich zu entwickeln, sie ist pluripotent. Bei ihrer Teilung entstehen nicht zwei gleiche Tochterzellen, sondern jeweils
- eine neue pluripotente Stammzelle und
- eine Vorläuferzelle der einzelnen Blutzellen, die anschließend weiter heranreift.
Je nachdem, welcher Wachstumsfaktor (Zytokine) einwirkt, entstehen so aus einem Hämozytoblast die Erythrozyten, Megakaryozyten (aus denen die Thrombozyten gebildet werden) oder die unterschiedlichen Arten der Leukozyten.
Die Folgende Infografik zeigt den Stammbaum der Hämatopoese:

Erythropoese: Bildung der roten Blutkörperchen

Wenn sich der Hämozytoblast teilt, kann daraus ein sog. Proerythroblast entwickeln, die Grundform der Erythrozyten. In mehreren Reifungsschritten, die sich etwas über 4 - 7 Tage hinziehen, entstehen die roten Blutkörperchen. Den Prozess der Bildung von Erythrozyten nennt man "Erythropoese".
Aus jedem Proerythroblasten gehen in vier bis fünf Teilungsschritten 16 bis 32 Erythrozyten hervor. Davon sind normalerweise 10 % bis 15 % fehlgebildet und gehen zugrunde.
Thrombozytopoese: : Bildung der Blutplättchen
Thrombozyten (Blutplättchen) sind Abschnürungen aus dem Plasma der Megakaryozyten (Knochenmarksriesenzellen), die sich bei diesem Vorgang verbrauchen. Dabei vereinigen sich die Trennwände von Teilen des Plasmalemmas zu trennenden Wänden und Spalten. So wird der entstehende Thrombozyt mit einer Membran umgeben, bis er sich schließlich abschnürt.
Leukopoese: Bildung der weißen Blutzellen
Die Bildung der Leukozyten (weiße Blutkörperchen) nennt man Leukopoese (auch Leukozytopoese). Sie werden aus Vorläuferzellen der Stammzellen gebildet und differenzieren anschließend innerhalb der unterschiedlichen Kategorien der Leukozyten weiter, je nach den ihnen zugedachten Aufgaben und Funktionen. Um diese erfüllen zu können, müssen Teile der Leukozyten nach ihrer Bildung in bestimmten Organen geprägt werden. Im Lymphsystem, das heißt in Lymphknoten, Thymus, Milz, Mandeln, Knochenmark, müssen sie lernen, welche Stoffe zum Körper des Organismus gehören und welche als fremd anzusehen sind.
Granulopoese
Bei der Granulopoese (auch Granulozytopoese) entwickeln sich die Vorläuferzellen zu Myeloblasten, die sich wiederum in Promyelozyten weiter entwickeln. Von dieser Stufe stammen wahrscheinlich nicht nur die Granulozyten ab, sondern auch die Monozyten.
Monozytopoese
Wie der Granulozyt stammt vermutlich auch der Monozyt vom Promyelozyten ab. Sie werden ohne weitere Reifung aus dem Knochenmark aus geschleust, können sich aber an anderen Stellen des Körpers in andere Zellarten des Retikulo-Endothelialen Systems umwandeln.
Lymphopoese
Aus Lymphozyten-Stammzellen entstehen Lymphoblasten. Aus diesen gehen zum einen Pro-T-Lymphozyten hervor, die in undifferenziertem Zustand das Knochenmark durchlaufen. Sie siedeln sich im Thymus an und dort erfolgt ihre weitere Entwicklung zu T-Lymphozyten. Zum anderen entstehen Pro-B-Lymphozyten, die sich im Knochenmark differenzieren und dann als B-Lymphozyten lymphatische Organe (Milz, Lymphknoten, Mandeln, u. a.) besiedeln.
Knochenmarksspende
Eine Knochenmarkspende ist eine Methode zur Gewinnung von Blutstammzellen. Diese werden benötigt, wenn jemand zum Beispiel an Leukämie (Blutkrebs) erkrankt ist oder an anderen bösartigen Erkrankungen des blutbildenden Systems leidet. Eine Transplantationder Blutstammzellen bietet in diesem Fall eine Heilungschance. Da die Knochenmarkspende in diesem Sinne nur eine Methode zur Gewinnung von Blutstammzellen ist, spricht man heute häufig allgemein von Blutstammzellspende, wobei die Knochenmarkspende im eigentlichen Sinn als Entnahme von Blutstammzellen durch Punktionen im Begriff der Blutstammzellspende mit enthalten ist.
Weiterführende Links
- Kinderkrebsinfo.de: Das Knochenmark - der Ort der Blutbildung
- amboss.com: Knochenmark und Blutbildung
- Max-Planck-Gesellschaft: Stammzellen verlassen Blutgefäße in strömungsarmen Zonen des Knochenmarks
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